
Als ich mich am Flughafen in Paris in die Schlange gestellt habe, kam die lang ersehnte innerliche Aufregung. Vor allem aber auch deshalb, weil die Marokkaner mit ihren 10 Handgepäckstücken pro Person das Flughafenpersonal vor eine psychische Belastungsprobe stellten, die mir wohl auch noch bevorstand...
Das Flugzeug selbst hatte auch schon bessere Jahre gesehen, der Lack blätterte von den Flügeln ab, die Sitze hatten schon

einige Ärsche transportiert und ich stellte mir vor meinem inneren Auge eine archaische Gesellschaft vor, die mit meinen guten (naiven?) Hoffnungen leider nichts gemein hatten. Ohjee, vielleicht wär ich doch besser in Berlin geblieben?!...
Als ich dann endlich die afrikanische Küste unter mir entdeckte, machte ich mir grade Gedanken darüber, wie unfair es doch ist, dass ich als elitärer Europäer einfach über das Mittelmeer fliegen kann, während wöchentlich 100te Afrikaner in

wakeligen Nussschalen unter mir ihr Leben riskieren, um nach Europa zu kommen. Was macht mich denn besser als sie?
Verunsichert stieg ich also aus dem Flugzeug und suchte mir ein Taxi. Der Fahrer beschiss mich natürlich, und das sogar, obwohl er nicht einmal den Weg kannte und alle 2 Minuten mitten auf der Straße anhielt, um nach dem Weg zu fragen.

Das machte aber nix, denn hier gibt es kein "rechts vor links" oder so, hier heißt es "wer zuerst kommt malt zuerst". Dementsprechend fährt einfach jeder wie er will und versucht dabei am öftesten zu hupen... Klappt auch irgendwie, is nur ganz schön gewöhnungsbedürftig!
Dafür ist war Wetter super geil, 20° und blauer Himmel - ich kam ganz schön ins schwitzen mit dem Gepäck! Ich befürchte euer Mitleid ist gering, aber damit kann ich leben :]

Nun kam ich also an, im Ministère de l'Energie, des Mines, de l'Eau et de l'Environnement. Die Angestellten dachten wohl, ich hätte das Ministerium mit einem Hotel verwechselt, als ich schwitzend mit meinem überpackten Reiserucksack hinein schwanke. Ich wurde aber trotzdem nett empfangen (Salam!) und schließlich fand ich auch meinen Chef und seine zwei Mitarbeiterinnen.

Bei einer von beiden, Katharina, bin ich übrigens erstmal untergekommen. Sie ist 26, seit zwei Monaten hier und erklärt mir wie das hier alles funktioniert in Marokko. Dafür braucht man nämlich ne Einweisung, sei es wie man lebend über die Straße kommt, welches Wasser man trinken kann ohne Durchfall zu bekommen oder wann durch die Lautsprecher der Moschee gesungen wird.

Als es Feierabend ist ging es dann auch in meine neue Bleibe: eine Neubauwohnung ganz oben im Haus mit einer Terrasse... Wow! Scheiße, die is so megariesig!!! Also, ob ich mir wirklich ne WG mit Frankophonen suche überleg ich mir nochmal. In der Ecke hängt ne Hängematte und man ist umgeben von Satellitenschüsseln auf den anderen Dächern. Alter krass, der Sonnenuntergang... Hammer!
Da sie auch grad erst eingezogen ist, haben wir noch nix: keine Teller, keinen Spiegel, keine Schränke - man stelle sich also eine komplett leere Wohnung vor mit einer Traumterrasse.

Unser Chef, der Dieter, hat uns abends noch abgeholt und wir sind ins deutsche Goethe-Institut gefahren. Da kann man gut essen und außerdem ist es einer der wenigen Plätze in der Stadt, an dem man Alkohol trinken kann. Tja, alles nich so einfach hier! Wieder zuhause haben Katharina und ich noch auf der Terrasse gechillt, Pringels gesnackt und über die marokkanische Bürokratie geredet. Is alles voll verfahren, keiner weiß was der andere macht und der König gibt auch noch seinen Senf dazu. Das sich hier die ersten Windräder drehen ist überhaupt ein Wunder.

Soviel zu meinem ersten Tag. Morgen is Feiertag (juhuuuh so macht das Spaß!) und eine schöne Gelegenheit sich in den Rummel der Stadt zu schmeißen, durch die Gassen der Medina zu streifen und Ramsch zu kaufen. Aber davon nächstes Mal mehr...
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