Donnerstag, 29. Januar 2009

Das Leben I: der Verkehr

Huhu!

Das Leben hier ist schön ganz schön bizarr. Man läuft durch die Straßen, fährt mit dem Auto oder steht einfach nur da und beobachtet. Und man sieht tausend Dinge bei denen man sich denkt:" Häh, warum machen die das denn so?!" Und man wundert sich. Manchmal liegt es auf der Hand, manchmal versteht man es einfach nicht. Das Leben hier ist anders, manchmal witzig, machmal schockierend. Die kleinen Unterschiede sagen so viel aus über die Gesellschaft. Davon möchte ich euch heute und die nächsten Male gerne näher berichten. Heute fange ich mal mit dem Verkehr an. Die nächsten Male gibt es insha'allah (so Gott will/hoffentlich/mal kucken) mehr aufschlussreiches über das menschliche Miteinander, die Religion, den König das Verhältnis zu Ausländern und so weiter. Und los gehts.

Es gibt hier natürlich Fahrspuren, die durch Fahrbahnmarkierungen getrennt sind. Das ist den Leuten aber meistens egal. Da wird gedrängelt und überholt wo es nur geht. Und wenn rechts oder links noch ein bisschen Platz ist, dann wird dieser auch gnadenlos ausgenutzt. (-> siehe Ellbogengesellschaft. Mehr Beipiele dafür die nächsten Male insha'allah) Da muss dann auch schonmal die Gegenfahrbahn herhalten, so dass im Idealfall fünf bis sechs Autos auf drei Spuren nebeneinander her fahren.

Etwas gesitteter geht es mit den Ampeln zu (vorausgesetzt es gibt welche). Meistens hält man sich an die Farbe, die grade angezeigt wird. Der, der ganz vorne steht fährt bei rot aber immer über die Ampel rüber bis er sie nicht mehr sehen kann und wartet, bis der, der hinter ihm steht sieht, dass es grün wird und hupt. Dann fährt er los (insha'allah).

Das Hupen ist übrigens eine der Lieblingsbeschäftigungen der Autofahrer. Hupen heißt nämlich auch einfach "Heh", "Achtung, ich komme", "du Arsch", "fahr endlich" und so weiter. Und das benutzen dann auch alle, sowohl der, der über rot fahren will als auch der, der die Gegenfahrbahn für seine halsbrecherischen Manöver ausnutzt, und sich ärgert, dass ihm da grade einer entgegenkommt oder auch einfach wahllos im Stau. Eigentlich ist das Ellbogenverhalten ja ganz toll, denn so muss man einfach immer aktiv und aufmerksam sein, und meine persönliche Theorie ist ja, das dadurch viel weniger Unfälle entstehen.

Wenn man im Taxi sitzt und sich mit dem Fahrer unterhält, dann kommt natürlich auch schon mal die Frage auf, wo man denn herkommt. "Ahhh! Allemagne..." heißt es dann, und was kommt einem da in den Sinn??? Genau - Fußball. Zweitliebste Antwort: VW und Mercedes. Auf dem dritten Platz landet immer Hitler, und dann muss ich immer erklären, dass der ja eigentlich garnicht so ein netter Mensch war und außerdem schon Tod ist. Nunja, soviel zum Thema "das Bild der Deutschen im Ausland".

Ist man mit dem eigenen Auto unterwegs, muss man natürlich auch etwas umsichtig sein. Was da aber ganz toll ist, ist das Parksystem. Parkuhren gibt es wenige, das geht hier viel besser. Das funktioniert so: an jeder Ecke sitzt ein Mann mit Warnweste und bewacht seinen Block. Kommt man nun mit seinem Autochen angefahren, springt er gleich von seinem Hocker auf und winkt kräftig mit den Armen. Dabei ruft er unverständliche Sätze und zeigt anschließend auf eine Parklücke. Freundlich, wie die Menschen nunmal hier sind, hilft er einem natürlich beim Einparken. Kommt man später wieder zurück, hilft er einem freundlich wieder heraus. Und weil er so nett auf das Auto aufgepasst hat, gibt man ihm ein paar Dirham. So verdienen sie sich etwas und die Stadt spart sich teure Parkuhren. Toll!

Wenn man aus der Stadt rausfährt gibt es ganz viele Polizeikontrollen. Keine Ahnung warum. Alle 20 Kilometer muss man anhalten und wird entweder durchgewunken oder muss anhalten. Letztens mussten wir anhalten. Wir waren zu sechst, vier hinten zwei vorne. Ich hatte echt Schiss das wir jetzt blechen müssen. Das war aber nicht das Problem. Hier gibt es sogar Taxis, die extra für sechs Leute sind. Jeder Platz wird genutzt! ...ach, wenn sie in anderen Bereichen doch auch so ökonomisch wären... naja jedenfalls hatte ich keinen Ausweis dabei, und der Polizist, in Hoffnung auf etwas Bakschisch, meinte ich müsse wohl über Nacht hier bleiben, bis das geklärt ist. Nein, in der Pampa bleiben wollte ich nicht. Also zog ich meinen letzten Joker: meine Krankenversicherungskarte, wo auf der Rückseite 12 europäische Sterne glänzen, und meinte ich arbeite im MINISTERIUM. Daraufhin schaute sich der Polizist die Sterne an und sagte gute Fahrt. Puh, nochmal Glück gehabt. Vorsorglich habe ich jetzt mal meinen Ausweis kopiert und in den Geldbeutel gesteckt...

Zu den Autos muss man sagen, grade in Rabat, was ja eine Botschafter-Stadt ist, gibt es unheimliche viele dicke Karren, fette BMW's und Audis und so weiter. Teilweise noch mit dem abgelaufenen deutschen Überführungskennzeichen. Da sitzen dann marokkanische Prolls dahinter und versuchen auf diese Weise Frauen zu beeindrucken. Sie haben es ja sonst nicht einfach... (dazu auch ein andermal mehr). Der Rest der Autos ist meistens relativ alt. Schon toll zu sehen, dass ein 20 Jahre alter Mercedes mit 400.000km auf dem Buckel hier noch seinen Dienst tut.

Nun zu den Taxis. Sie stellen mindestens ein Drittel aller Autos. Das macht es zu jeder Tages- und Nachtzeit relativ einfach eins zu finden, dauert im Schnitt 30 sec. Es gibt petit Taxis und grands Taxis. Die kleinen fahren innerstädtisch, haben ein Taxometer und sind in Rabat blau, in anderen Städten haben sie andere Farben, z.B. rot in Casablanca. Sie sind IMMER Fiat Uno. Ich glaube ALLE Fiat Uno die jemals in Europa gefahren sind fahren mittlerweile in Marokko. Eine Fahrt von 10 min kostet etwa nen Euro. Dabei kann es passieren, dass der Fahrer auch mal anhält und andere Leute, die in die gleiche Richtung wollen (durch Handzeichen kenntlich gemacht) mitnimmt. Dann geht es wieder mit gehupe und gedrängle quer durch den Verkehr...



Ein petit Taxi - Möbeltransporter

Dienstag, 20. Januar 2009

Flora und Fauna

Als alter Biologe ist es nun mal an der Zeit etwas über die Natur in Marokko zu erzählen. Ich fang mal mit der Stadt an.

Zunächst einmal wären da die Katzen. Katzen gibt es überall. Sie sind halbwild und ernähren sich von dem Müll, der hier in großen Mülltonnen auf der Straße gesammelt wird. 80% des Hausmülls ist biologisch. Manche sagen ja, die Katzen seien die Ratten Marokkos, ich persönlich finde die putzigen Katzen ja hundertmal sympathischer als Ratten. Ratten gibt es hier keine, das liegt, ihr ahnt es schon, an den Katzen. Hunde gibt es auch fast keine in der Stadt. Zum Glück, denn man kann ohne den Boden nach Scheiβe abzusuchen über die Bürgersteige laufen. Ich habe es mir tatsächlich abgewöhnt und kann mit erhobenem Haupt durch die Straßen gehen! In Friedrichshain ein Ding der Unmöglichkeit (ihr wisst was ich meine)… Tja was gibt es noch? Achja Kakerlaken, wie in allen warmen Ländern. Allerdings habe ich erst eine Wohnung gesehen, wo das ein Problem war. Sonst habe ich noch keine gesehen (liegt das vielleicht auch an den Katzen?). Ein Bild, was auf jeden Fall die Straßen der Städte prägt, sind die Esel, die als allgemeines Transportmittel nicht wegzudenken sind. Leider sind sie in Rabat verboten (man munkelt, der König wolle keine Esel in seiner Residenzstadt haben), aber in allen anderen Städten helfen sie Gemüse und Gewürze von A nach B zu bringen und den Verkehr im Schritttempo zu halten.

Ja, nun zur Vogelwelt der Stadt: natürlich gibt es Tauben, deren Population aber dank der Katzen in erträglichem Maß gehalten wird. Außerdem gibt es ganz viele Möwen wegen dem Meer (oder heißt das jetzt „wegen des Meeres“?). Aber am spektakulärsten sind auf jeden Fall die Störche. Ich glaub die überwintern hier und man findet sie und ihre Riesennester oft auf den alten Mauern rund um die Stadt oder in den Ruinen der Chellah. In Marrakech sieht man sie sogar mitten in der Medina auf der Stadtmauer oder auf den Moscheen. Sie sind irgendwie cool weil sie hoch über der Stadt wachen und gucken dass alles klar geht.








Die putzigen Stadtkatzen - Störche auf den Stadtmauern

Zur Flora der Stadt gibt es nicht viel zu sagen, es gibt Palmen überall und die typische mediterrane Vegetation. Was allerdings ziemlich nett ist, sind die Orangenbäume, die überall die Bürgersteige verschönern und im Moment voll mit Orangen hängen. Irgendwie sind das aber keine Essorangen (sonst würde wahrscheinlich auch keiner mehr Orangen kaufen) denn sie sind ein wenig bitter und fest. Trotzdem schön.



Palmen in der Stadt - Orangenbäume

So, nun fahren wir mal raus aus der Stadt. Normalerweise ist Marokko ein relativ braunes Land. Das ist so ein rotbraun-braun, denn die Erde ist ganz lehmig. Auf dem Land bauen sie ihre Häuser daraus. Nur dieses Jahr ist alles ein bisschen anders: es ist der nasseste „Winter“ seit was weiß ich wann und alles ist grün. Es regnet wirklich oft, bestimmt alle zwei-drei Tage! Also, sobald man die Stadt verlässt ist man umgeben von grünen Hügeln auf denen dann vereinzelten Lehmhütten stehen. Man sieht einsame Schaefer, die mit ihrer Herde über das Land ziehen und die sich freuen, dass alles so grün ist und ihre Schafe dieses Jahr besonders viel zu fressen finden.




Sanfte grüne Hügel mit Lehmhütten

Wir machen jetzt mal ne Rast an einem Stausee. Dieser ist dieses Jahr so hoch wie noch nie und die Fischer treiben mit ihren Booten darauf herum um Fische zu fangen, die sie abends am Wegesrand zum Verkauf anbieten. Wir setzen uns und machen Picknick. Auf den Wiesen der Hügel stehen ein paar Esel. Die sind so lustig, denn sie stehen einfach da rum und gucken ins Leere. Als würden sie nicht checken, dass sie einfach weglaufen könnten. Ich habe mich das immer gefragt, die Esel gehören aber anscheinend tatsächlich irgendwelchen Bauern, die sie auf die Wiese stellen und sich darauf verlassen, dass die Esel einfach nur dastehen bleiben und blöd gucken. So spart man jede Menge Zäune… Naja zugegebener Maβen, ganz so blöd wie man denkt sind sie nicht, denn nach ner Weile trotten sie heran und beteiligen sich ungefragt an unserem Picknick. Und jetzt weiß ich auch warum man sagt Esel seien stur! Hat schon mal einer versucht nen Esel wegzuschieben? Die tun dann so als merkten sie es nicht und bleiben stehen und gucken blöd. Und man schiebt und drückt und der Esel bewegt sich einfach keinen Zentimeter! Aber als ich mit dem Baguette vor seiner Nase rumwedel, da fängt er auf einmal an den Kopf zu heben und langsam hinter mir her zu trotten… Jaahaaaa da hat der Robbin aber ne tolle Idee gehabt! So locke ich sie ein paar Meter weiter und schenke ihnen, großzügig wie ich bin, noch den Rest des Baguettes. So sind alle glücklich und wir können weiterfahren.









Picknick am See mit Eseln



Weiter im Landesinneren wird es dann doch etwas trockener, man sieht vereinzelte Kakteen rumstehen, still und starr, wie die Esel, inmitten dieser rotbrauen Wüste aus Lehm und Stein. Manchmal kommt man an einem kleinen Wäldchen vorbei. Das ist Eukalyptus habe ich mir sagen lassen. Weiter Richtung Gebirge wird es wieder grüner und an den Berghängen wachsen wieder richtige Bäume. Aus kleinen Quellen zwischen den Steinen strömt frisches Bergwasser. In einer Kurve mit Seitenbucht halten wir an und atmen die frische klare feuchte Luft ein. Wir laufen zu einer Quelle und nehmen einen Schluck Wasser. Diese Quelle wird auch von den Affen genutzt, die uns aus sicherer Entfernung beobachten und dabei lustige Spiele spielen. Es ist eine Familie mit ein paar Kindern. Sie streifen umher und suchen Essbares zwischen den vereinzelten Schneehaufen. Die machen auch andere lustige Sachen, die ich hier aber aus Gründen des Jugendschutzes nicht weiter erörtern kann. Dann geht es wieder zurück in die Stadt…

Wer entdeckt den Affen?

So, das war der kleine Ausflug von der Stadt in die Natur und zurück mit all seinen lustigen Lebewesen. Hoffe es hat euch gefallen. Das nächste Mal erklär ich euch den Verkehr der Stadt, der ist nämlich auch ganz lustig.

Freitag, 16. Januar 2009

VIP Party

Also jetzt bin ich schon fast zwei Monate hier und ich glaub ich bin mittlerweile richtig dolle hier angekommen. Ich merk das vor allem daran, dass ich nicht an jeder Ecke stehen bleib und ein Foto mache, dass ich das Taschenwörterbuch nicht mehr mit nehme und das ich keine Angst mehr hab, beklaut zu werden oder die Leute anzuquatschen. Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. Unter der Woche arbeiten, abends mal was essen gehen oder in ne Bar mit den anderen, oder auch mal kochen in der WG oder in der Medina einkaufen. Zack zack und schon ist die Woche rum. Am Wochenende gehn wa meistens richtig weg. Das geht hier schon ganz gut. Das ist ganz anders als bei uns. Letztes WE waren wir zu siebt tanzen, sind mit einem Auto gefahren in einen Club der Harolds heißt. Sieben Europäer werden generell immer reingelassen. Hatt 100 Euro gekostet. Das hat der Tüsteher mal so gesagt nachdem er uns gemustert hat, während ich im Kopf krampfhaft versucht habe zu ergründen, wie er darauf kommt... 100 durch 7... 100 durch 7... das geht doch garnicht auf... Ich dachte die ziehen uns ma voll übern Tisch! Aber wir hatten dann nen Tisch mit Getränken inklusive, so VIPmäßig. Und auch die anderen Leute waren übertrieben chic. Son Ranzladen wie in Berlin überall gibts hier leider nich... Pff komisch ist das, wenn die eine Hälfte der Bevölkerung kein Geld hat und die anderen mit neuem Benz in'n Club fahren und 10 Euro fürn scheiß Getränk bezahlen und sich fühlen wie die neureichen Russen in Moskau oder was. Tja egal, wir mit Wollpulli und Kapuzenjacke unter die Menschen und tanzen. Wir hatten jede Menge Spaß und wir haben alles getan damit wir den Eintritt wieder drin hatten. ;-)











Europa VIP Party


Und als wir losfuhren, wollte Romain sich nen Scherz mit mir erlauben, ich war noch nicht eingestiegen und als ich nach der Tür greife fährt er ruckartig los. Und vor meiner Nase purzelt eine betrunkene Amerikanerin aus dem Auto, die auf der Ladefläche Platz genommen hatte. Ich wollte erst so tun als hätte ich nix bemerkt, so höflichkeitshalber, aber Katharina fing sofort an lauthals loszukreischen und zu lachen, und alle anderen fingen auch an, naja und als sie wieder eingestigen war schrieen alle und hielten sich die Bäuche. Oh mein Gott war das peinlich. Die arme.

Ansonsten muss ich mal mit dem Gerücht aufräumen hier wär es warm. Also klar ist es wärmer als in Deutschland, aber es sind im Moment 14° tags und 8° nachts. So und jetzt stelle man sich das bitte mal bei unisolierten Häusern ohne Heizung vor. Wenn ich morgens aufwache sehe meinen Atem und das macht es nicht grade einfacher ein Bein aus dem Bett zu bekommen. Brrrr wir haben so nen Elektroheizer mit 1000 Watt, so ein Strahler der mega-ineffektiv ist. Und wenn man dann noch den Wasserkocher für nen Tee anmacht fliegt regelmäßig die Sicherung raus. So. Damit das mal klar ist. Und ich bin das zweite mal erkältet. Aber was einen nicht umbringt....

Sonntag, 11. Januar 2009

israel und so

Ohmann ohmann das ist schon alles echt ganz schön verzwackt da unten in Israel und Palästina. Und hier bleiben die Diskussionen natürlich auch nicht aus. Am Anfang vom Krieg dachte ich noch, die Marrokaner kümmert das alles nicht so. Das war wohl auch so, Marokko ist eigentlich ein weltoffenes Land und die Religion ist eher gemäßigt, zumindest für islamische Verhältnisse. Außerdem haben die Juden eine lange Tradition in diesem Land und sind mit der Geschichte stark verwurzelt. Der Berater vom König ist sogar Jude. Aber je länger dieser Krieg dauert, desto mehr polarisiert sich die öffentliche Meinung. Ist ja auch kein Wunder, den die Medien zeigen den ganzen Tag sterbende Kinder. Das regt mich echt auf, denn es ist zwar ein Stück Wahrheit, aber eben nur ein Stück! Naja zumindest ändert sich wie gesagt das öffentliche Meinungsbild. Am Anfang waren es nur wenige Menschen die auf die Demos gingen, aber es werden immer mehr. Auch in Europa scheint ja der Widerstand gegen den israelischen Krieg angekommen zu sein. Aber hier geht das alles noch weiter.

Ich habe schon die ein oder andere Email bekommen mit Präsentationen über "die Wahrheit" wie es heißt und dem Hinweis "bitte weiterleiten"... Da geht es dann um den Landverlust der Palästinenser und um die grausamen Taten der israelischen Armee während der letzten 60 Jahre: vergewaltigte Frauen, kaputte Häuser, tote Bauern und so weiter. Stimmt ja alles so weit, nur ist das eben echt einseitig. Außerdem gibt es Telefonkampagnen wo dazu aufgerufen wird Coca-Cola und McDonalds zu boykottieren, denn die sind ja von den USA und die unterstützen Israel. Bei und hat auch schon jemand angerufen, den haben wir zwar nicht verstanden, aber das hat uns dann jemand erklärt.

Und je länger der Krieg dauert, desto mehr Menschen radikalisieren so ihre Meinung. Da wird dann nicht mehr zwischen dem israelischen Staat und den Juden unterschieden, sondern es sind einfach alle scheiße. Ich glaube das schlimme ist, das die Menschen sich keine objektive Meinung mehr bilden wollen, sondern mittlerweile alles glauben, was in irgeneiner Weise gegen Israel oder die Juden ist. Mir wollte letzthin einer erklären, dass täglich 700 Palästineser sterben. Und dass im zweiten Weltkrieg nicht so viele Juden gestorben wären, weil die hätten nämlich im nachhinein die Statistik gefälscht. Aubacke, versteht ihr was ich meine?! Ich mein ich war auch nicht dabei, aber das ist echt abwegig. Und mit solchen Argumenten hat man dann zu kämpfen, wenn man eine Diskussion führt.

Wenn man nach der Lösung fragt bekam ich am Anfang noch die Antwort, man solle Israel in die Grenzen von vor dem Sechstagekrieg zurückweisen. Mittlerweile heißt es aber immer mehr man müsse den Staat Israel komplett auslöschen.

Ich persönlich finde es unheimlich schwierig in diesem komplexen Konflikt für eine Seite Partei zu ergreifen. Klar will sich Israel verteidigen und existieren, und klar wollen das die Araber auch. Aber was ich sicher weiß ist, dass je länger der Krieg noch dauert, desto mehr radikalisieren sich die Meinungen und desto schwieriger wird es sein einen Ausweg zu finden. Israel schneidet sich ins eigene Fleisch denn die ablehnende Haltung der umliegenden Staaten und damit die Gefahr für die Israelis wächst doch mit dem Angriff und geht nicht zurück.

Bleibt zu hoffen, dass der Krieg und das Töten von unschuldigen Menschen bald ein Ende hat. Und dass die Weltengemeinschaft dann genug Mut zeigt eine adäquate Lösung zu finden, auch wenn diese zum Nachteil für Israel ist. Denn je länger der Konflikt dauert desto schwieriger wird es überhaupt noch ein paar klar denkende Menschen an einen Tisch zu bringen. Hier werden sich auf jeden Fall in spätestens einer Woche alle Menschen gegen Israel aussprechen. Egal was sie vorher gedacht haben. Dem Sog der Medien und der öffentlichen Meinung hält keiner lange Stand...

Montag, 5. Januar 2009

Samstag, 3. Januar 2009

Silvester... und was davon blieb

Erstmal ein frohes neues Jahr! Ich hoffe ihr habt alle schön gefeiert!

Eigentlich wollte ich euch ja an dieser Stelle von ein paar traumhaften Tagen in den Bergen berichten, mit Schnee, Silvester in der Berghütte und Snowkiten. Dass dann doch alles etwas anders kam, davon erzähle ich euch jetzt.




Jean-Paul, Romain und ich unterwegs im Atlas


Mit Romain fuhr ich nach Meknes, dem Tor zum Atlasgebirge. Unser Kitelehrer Jean-Paul wohnt dort und zeigte uns erstmal die Stadt. Nachdem ich schon die ein oder andere Medina zu Gesicht bekommen habe, war es nicht wirklich neu. Aber einer seiner Verwandten hat einen Shop dort und wir wurden auf einen Tee eingeladen. Während wir also da saßen, konnten wir mitverfolgen, wie die Geschäfte ablaufen. Es ist schon unglaublich, wie die Menschen dort aus Nichts etwas zusammenbasteln können. Da wird nix liegengelassen und alles ist irgendwie brauchbar. Jeder Besitzer kennt den anderen und jeder hilft dem anderen. So schafft man es dann auch das Kunststück zu vollbringen, für fünf Kinder zu sorgen, ohne einen "richtigen Job" zu haben...











Leben in der Medina

Am nächsten Tag ging es dann mit der ganzen Kite-Ausrüstung in die Berge. Es regnete wie aus Eimern und mit jedem Kilometer schwand die Hoffnung, irgendwann hoch genug zu sein um endlich mal Schnee zu sehen. Dafür sahen wir ein paar Berberdörfer, die in den Schlammmassen dem Wetter trotzten. Für die Menschen hier ist der Regen total wichtig und irgendwie hat es ja auch etwas positives, auch wenn man selbst leichte Depris bekommt. Sieben Stunden vor dem neuen Jahr stand ich also vor der Apotheke eines kleinen Dorfes im Regen und wartete auf Romain, der sich schön erkältet hatte. Da rief mich Sabrina aus Paris an: "Juhuuu, wollte dir nochmal schnell ne tolle Party wünschen, hier sind total viele Privatparties, das wird total cool, und bei dir so?!" Grrrr! Scheiße!




Regen im Atlas

Zurück in Meknes (die Berghütte war uns dann doch etwas zu trostlos...). Robbin (leicht aggressiv):"Also scheiße, ich will jetzt feiern! Gibts hier kein Hotel wo's Alkohol gibt und Party und so?!" Also fuhren wir zum 5-Sterne Zakihotel. Ein Schild teilte uns mit: Fete de nouvelle annee! 900 DH (=90Euro). Neee. Ach, die Pianobar kostet keine Eintritt? Super! Statt der tanzenden Miezen, die sich im Vorraum schon mal warm machten, um die reichen Franzosen auf der 900 DH Party zu unterhalten, erwartete uns hier eine Stimmung wie bei einem Begräbnis: Ein Sänger dudelte langweilige marokkanische Lieder vor sich hin, während das neureiche städtische Publikum verträumt an ihren 8-Euro Bieren saugten. Nee. Nächstes Hotel. 3 Sterne. Die Bar. Ich unterhalte mich mit einem spanischen Fossilienverkäufer und schaue mir die Leute an. Die Tanzfläche wird gleich richtig voll, gleich gehts hier voll ab, denke ich und erschrecke, als die Uhr fünf nach 12 anzeigt. Die geht wohl falsch! Uhrenvergleich. Scheiße - die geht richtig! Ja wollen die uns denn hier alle verarschen? Keiner feiert, steht auf, ruft "Happy new year" oder lässt die Sektkorken knallen. Ich stoße mit Romain, JP und dem Spanier in trauter Einigkeit an. Um 1 macht der Laden zu. Soviel zu Silvester in Marokko.

von keiner Party gibts auch keine Bilder :P

Nächster Tag. Sonne. Auf dem Plan steht immer noch Snowkiten. Diesmal finden wir nach langer, langer Suche eine Hochebene mit ordentlich Schnee. Endlich! Nachdem wir den ganzen Kram vom Auto in die Ebene geschleppt und aufgebaut haben nähert sich die Sonne schon gefährlich dem Horizont. Der etwas exzentrische JP versucht kramphaft Romain (auf Skiern) dazu zu bewegen den Kite auf 1 Uhr zu halten. Nein nicht 11 Uhr. Und bewegen soll er ihn. Bewegen! Nein nicht 3 Uhr. Kite fällt. Neuer Versuch. Robbin schaut zu. Die Füße werden kalt. Endlich, endlich bekomme ich meinen eigenen Kite. Lektion1: wie man den Kite in der Hand hält. Wow, ist ja wie Lenkdrachen, ganz einfach. Nur dass einen der Drachen auch mal gerne ein paar Meter in die Höhe zieht, wenn man nicht grade auf einem fahrbaren Untersatz steht. Ich muss an dieses krasse Video denken (biddeschöhn: http://de.youtube.com/watch?v=-RVuXjf_PJo ) und bekomme leichtes Kribbeln im Arsch. Doch die Sonne meint es gut mit mir und macht alles dunkel. Morgen gehts aber richtig los!




Schnee Jucheee!


Doch am nächsten Tag ist der Wind weg. Der alte Arsch! Penner! Wir fahren zu einer alten verlassenen Militärkaserne der Franzosen. Wunderschön gelegen, mit einem See vor der Tür und umgeben von schneebedeckten Hügeln. JP will das Ding kaufen, instandsetzen und ein Kitecamp draus machen. Ich schlage ihm vor die Technik zu übernehmen: Warmwasser aus Sonnenkollektoren, Elektrizität aus einem kleinen Windgenerator... Ein Traum ist geboren! Das Ding hat echt Potenzial... Träumend fahren wir zurück und machen halt in einem kleinen Berberdorf, wo sein Bruder wohnt. Es gibt Plätzchen (es gibt immer Plätzchen, und zwar die aus 50% Zucker und 50% Fett) und Tee (ebenfalls mit 50% Zucker). Der Bruder ist Arzt für 18500 Menschen (zum Vergleich: in Frankreich kommt ein Arzt auf 200 Menschen!) und verabschiedet sich nach kurzer Zeit um saufen zu gehen. Ja richtig: saufen! JP erklärt uns, dass die Männer das hier so machen, weil das Leben sonst nicht viel zu bieten hat. Und die Frauen bleiben zu Hause. Ich schlage vor, die sollen doch die Zeit nutzen und den ganzen Müll aus dem Fluss und den Wiesen sammeln. Aber wer hört schon auf einen kleinen Europäer?!...



Haus am See - Im Berberdorf


Nachdem also Silvester ins Wasser gefallen ist und Kiten ohne Wind auch nicht möglich war, muss ich sagen: Jaaaaaaa, nächstes Jahr bin ich wieder in Berlin. Aber dafür hab ich gesehen, wie das hier zugeht, in den Bergen von Marokko. Wie die Menschen hier Leben. Und - hab ich eigentlich erzählt, dass ich ein paar Affen gesehen hab? So kleine, süße? Nee? Naja, dann beim nächsten mal...